Suchmaschinenoptimierung. Ein Wort, vierundzwanzig Buchstaben, die sofort deutlich machen: Hier ist kein Platz für sprachliche Feinheiten! Das liegt nicht nur an der imposanten Erscheinung des zusammengsetzten Substantives, sondern vor allem an dem, was es suggeriert: eine Optimierung von Suchmaschinen. Tatsächlich geht es bei der Search Engine Optimization (SEO) aber darum, Webseiten so aufzubereiten, dass sie von Nutzern schneller gefunden werden. Also eine Optimierung von Online-Inhalten für Suchmaschinen.
Linguistisches Papperlapapp, das dem höheren Ziel nur im Weg ist, und das heißt: optimale Optimierung. Etymologisch betrachtet ein nicht unklug gewählter Begriff. Schließlich übertrifft sich die vom Superlativ des lateinischen Wortes „bonus“ stammende Optimierung quasi selbst. Gut reicht nicht, es geht um das Beste, Geeignetste, Vortrefflichste. Eine unmissverständliche Botschaft gemeißelt in das singende, klingende Fundament des Online-Marketings.
Was ist das Keyword und wenn ja, möglichst viele
Was dem jungen Werther seine Leiden, sind dem suchmaschinenoptimierten Text die Keywords. Oder um es Marketingerisch auszudrücken: Man muss auf Keywords optimieren! Suchmaschinen bewerten die Relevanz von Webseiten anhand von Keywords. Diese Schlüsselwörter sind nichts anderes als die Begriffe, nach denen Nutzer suchen. Um im dichten Datendickicht aufzufallen, braucht man eine gut arbeitende Heckenschere oder eben passende Keywords.
Nach welchen Wörtern suchen Menschen, für die mein Beitrag von Nutzen sein könnte? Relevante Keywords festzulegen, ist teils antizipativ, teils orakelnd und definitiv ein sprachliches Desaster. Denn weder Suchmaschinennutzer noch Technik funktionieren nach Duden. Oder Stil. Alles, was man in der SEO-Welt benötigt, sind Nomen, Nominativ und Singular. Längere Wörter und Komposita werden per Bindestrich verbunden oder gleich getrennt geschrieben. Von Umlauten und ß im Haupt-Keyword ist grundsätzlich abzuraten.
Vor falschen und uneinheitlichen Schreibweisen sollte man sich hingegen nicht scheuen. Marketing ist schließlich kein Deutschunterricht! Diktieren darf hier nur der Suchalgorithmus. Haben sich geeignete Keywords gefunden, gilt es, sie flächendeckend einzuarbeiten: im Titel, in einer Zwischenüberschrift, im Permalink, in der Meta-Beschreibung, den Alt-Attributen der Bilder und natürlich noch zwei- bis dreimal im Text. Apropos Text, die sinnstiftenden Wörter am besten unauffällig drumherum.
Grünes Licht von der SEO-Ampel
Suchmaschinenoptimierung, das bedeutet aber nicht nur stakkatoartige Suchanfragen in einen lesbaren Text zu bringen. Damit die SEO-Ampel grünes Licht zeigt, empfiehlt sich außerdem eine Textlänge von mindestens 300 Wörtern mit maximal 150 Wörtern in einem Absatz. Nicht mehr als ein Viertel der Sätze mit mehr als 20 Wörtern. Einsilbige Wörter bevorzugt, genauso wie ein 55 Zeichen nicht überschreitender SEO-Titel. Nicht zu vergessen interne und externe Links. Erst die Optimierung, dann der Inhalt!
Aus sprachlicher Sicht offenbart sich eine klassische Lose-Lose-Situation. Man hat die Wahl, kann aber nur verlieren. Zugriffszahlen oder kreative Freiheit. Optimum für Suchmaschinen, Pessimum für Texte. Und genau wie in der Biologie bewegt man sich hier bei schlechtesten Bedingungen an den äußeren Grenzen des Toleranzbereiches. Gerade noch so am Leben, aber furchtbar weit entfernt vom Besten. Oder auch: Der Superlativ von hinten.
PS: Dieser Text erhält von der SEO-Ampel übrigens nur ein Orangerot. Vermutlich liegt es an der mangelhaften Lesbarkeit wegen zu langer Wörter wie Suchmaschinenoptimierung…
Yna
Au weia. ich schreibe, wie mir der Schabel gewachsen ist, aber der ist wohl nicht SEO konform, was?
Egal. Falls mich jemand liest, möchte ich, das ihm der Text gefällt und das tut er bestmmt nicht wenn ich all das beachte, was für die Suchmaschinen Optimierung wichtig ist. Ich habe ja noch nicht mal was von einer SEO Ampel gehört. Aus mir und meinem Blog wird wohl nix mehr, oder? Aber immer wieder schön was darüber zu lesen 😉
Lieben Gruß, Yna
Karin Lechner (vonKarin)
Hihihi… witzig. Welche SEO-Ampel nutzt du denn? 🙂
Aber es stimmt – nähme man sich das SEO so richtig zu Herzen, wären manche Texte echt echt öde oder gar seltsam. Gott sei Dank gibt es noch eloquente Menschen wie dich, die um diese Absurditäten wissen und bei denen der Text wegen des Inhalts und nicht wegen der SEO Kompatibilität breiten Anklang findet.
Im Job nutze ich für den Corporate Blog aktuell das Plugin „Yoast SEO“ – in mancher Hinsicht hilfreich, in manch anderen Fällen lässt es mich mit einem Fragezeichen über der Stirn zurück. In solchen Fällen gebe ich mich dann auch mit einem klaren Orangerot zufrieden. Es lebe die Sprache!
Schöne Pfingsten und liebe Grüße
vonKarin
JuLa
Hallo liebe Karin,
ich nutze auch „Yoast SEO“ und da zeigt eine Ampel immer, wo man SEO-mäßig steht. Ich habe mich früher überhaupt nicht damit beschäftigt, mich aber immer gewundert, warum andere Blogs sehr viel präsenter sind. Heute muss ich abwägen: Schreibe ich einen ungewöhnlichen, unterhaltsamen Titel oder einen suchmaschinenoptimierten – das finde ich manchmal echt frustrierend. In diesem Sinne: Auf die Sprache!
Viele liebe Grüße und dir auch eine schöne Pfingstzeit
Julia