Ich hätte gerne eine adäquate Übersetzung geliefert für das, worum es heute geht, aber selbst im Englischen ist man sich da nicht ganz einig. Mal ordnet man das Arbeiten mit der Punch Needle dem Sticken zu, mal dem Knüpfen. Unbestritten ist allerdings, dass man mit dieser faszinierenden Technik allerfeinste Kissen, Teppiche und Wandbilder gestalten kann. Dabei erinnert die knubbelige Oberfläche sehr an Wollschlingteppiche. Genau darum geht es im Prinzip auch: schöne Schlingen und Schlaufen produzieren. Und das ist mit dem richtigen Werkzeug erschreckend einfach!
Was ist das?
Beim Punch-Needle-Sticken wird Garn durch lockeres Gewebe zu Schlaufen gezogen. Möglich macht das Ganze die Punch Needle. Die Punch Needle sieht aus wie ein kleiner Gemüseschäler, ist aber eine Mischung aus Knüpfhaken, Knüpfnadel und Zierstichnadel. Wird die Nadel mit dem Garn durch das Gewebe gestochen und zurückgezogen, formt sie auf der Rückseite eine kleine Schlaufe. Dadurch, dass viele Schlaufen eng nebeneinander gearbeitet werden, hält das Garn ganz ohne Knoten.
Was braucht man dazu?
Spannrahmen: Damit die Schlaufen gleichmäßig lang werden, muss der Stoff, auf dem gearbeitet wird, sehr straff gespannt sein. Ein Stickrahmen funktioniert für kleinere Arbeiten sehr gut, sollte zwischendurch aber immer wieder gespannt werden. Für größere Projekte wie Kissenbezüge, Teppichläufer und Wandbilder empfiehlt sich ein Spannrahmen. Den kann man aus vier Holzleisten selbst zusammenbauen oder man verwendet einfach alte Bilderrahmen oder unbespannte Keilrahmen. Darüber wird das Gewebe gelegt, straff gespannt und auf der Rückseite festgetackert.
Stoff: Die Grundlage ist ein locker gewebter Stoff, durch den man die Nadel führt. Sehr gut dafür eignet sich Monk’s Cloth. Monk’s Cloth sieht aus wie Zählstoff, ist aber nicht appretiert und fällt deshalb sehr weich. Allerdings ist dieser Stoff hierzulande schwer zu finden. Eine gute Alternative ist locker gewebtes Leinen, für den Anfang kann man auch Sackleinen oder Jute verwenden. Damit sich der Stoff beim Sticken an den Kanten nicht auflöst, sollte er vorher versäubert werden.
Nadel: Für das Sticken braucht man eine spezielle Stanznadel, bei der das Garn durch eine Nut im Griff läuft. Besonders einfaches und schnelles Arbeiten ermöglicht die Oxford Punch Needle. Die Nadel gibt es in unterschiedlichen Weiten und Größen. Je weiter die Nadel, desto dicker darf das Garn sein. Je kleiner die Nadel, desto länger werden die Schlaufen. Die meisten Verwendungsmöglichkeiten bietet die reguläre Nadelgröße 10. Man erhält damit eine schön strukturierte Oberfläche mit 0,6 cm langen Schlaufen.
Garn: Die Stärke und Art des Garn hängt von der Nadelgröße und dem geplanten Textil ab. Mit einer 10er-Nadel lassen sich für Kissenbezüge und Wandbilder grundsätzlich alle Garne verwenden, die bis zu 0,3 cm dick sind. Merino-, Mohair- und Alpakawolle funktionieren genauso wie Baumwoll-, Jute-, Hanfgarn, Stoffstreifen und synthetische Fasern. Dünnes Garn wird dabei einfach doppelt oder dreifach verarbeitet. Für Teppiche und stark beanspruchte Textilien empfiehlt sich wiederum robustes Wollgarn wie Feinsmyrna.
Wie funktioniert das?
Einstechen, die Nadel bis zum Griff durch den Stoff schieben, herausziehen, in das nächste Loch einstechen und so weiter. Worauf man unbedingt achten sollte: Die Nadel zeigt mit der Öffnung in die Arbeitsrichtung und sie wird möglichst nah am Stoff entlanggeführt. Holt man die Nadel nämlich mit zu viel Schwung aus dem Stoff, zieht man die Schlaufe auf der Unterseite wieder mit heraus. Das hat aber auch sein Gutes: Wenn mal etwas nicht passt wie z.B. die Schlaufenlänge oder der Stichabstand, dann lässt sich das Ganze ganz einfach wieder auftrennen.
Gearbeitet wird mit der Punch Needle eigentlich auf der Rückseite. Die Schlaufen bilden sich also auf der Seite, die man beim Arbeiten nicht sieht. Die Stiche auf der Arbeitsseite sind flacher, haben aber auch ihren besonderen Reiz. Letztendlich entscheidet man sich für die Seite, die einem besser gefällt. Nachdem die Stickarbeit vollendet ist, kann man sie auf dem Spannrahmen belassen und damit die Wand verschönern. Oder man nimmt sie vom Rahmen ab und näht daraus Kissen, Taschen, Teppiche.
Sticken mit der Punch Needle ist sehr einfach und schnell zu erlernen. Außer der Nadel selbst braucht man kein besonderes Zubehör. Es lassen sich damit tolle grafische Muster und Motive sticken – mit einer ganz besonderen Oberflächenstruktur.
Barbara
Hallo, ich bin etwas ratlos, denn ich möchte meine vielen Reste an Sockenwolle, LL 50 g ca 200 m, zu einer Fußunterlage mit der Punch needle verarbeiten, aber wie ist das mit den Größen dieser Nadel? Es steht zwar oben dass es „verschiedene Größen“ gibt, aber es wäre nett, wenn auf die Größen etwas detaillierter eingegangen würde. Ich habe inzwischen ca. 12 Punch needle, aber für Wolle passt überhaupt keine.
Dani
Ich finde den Mönchstoff optisch nicht so hübsch und würde gerne Leinen verwenden. Allerdings weiß ich nicht, wo ich dieses kaufen könnte, da mir die Angabe „locker gewebt“ etwas zu schwammig ist. Ich befürchte, dass ich mit dem falschen Leinenstoff das Gewebe zerstöre. Deswegen würde ich mich freuen, wenn du mir mitteilen könntest, wo ich einen geeigneten Leinenstoff kaufen kann, bzw. welche Eigenschaften er haben muss. Vielen lieben Dank!
JuLa
Liebe Dani,
eigentlich ist später von dem Stoff nichts mehr zu sehen, weil die gesamte Oberfläche bedeckt ist, deshalb ist die Optik eher nachrangig. Wenn man nur einen Teil des Stoffes besticken möchte, dann empfiehlt sich das tatsächlich nur für Dinge, die nicht so beansprucht werden wie z.B. Bilder. Ich habe dafür Knüpfleinen von dkw-construction.de verwendet. Wenn man am Anfang nicht so viel Geld ausgeben möchte, empfehle ich Jute/ Sackleinen.
Beste Grüße
Julia
vera papadopoulou
ich habe eine frage. geht diese stickerei mit wolloe aud einem gestrickten stueck. herzlichen dank aus griechenland vera papadopoulou
JuLa
Hallo liebe Vera,
ich glaube, Gestricktes aus Wolle ist als Untergrund zu weich. Für die Punch Needle braucht man ein engmaschiges, festes Gewebe, damit der Faden hält.
Viele herzliche Grüße nach Griechenland
Julia
Monica
Meine Mutter lebt in Rumänien und hat vor vielen Jahren so eine Nadel für ihre Zirkissen benutzt. Hauptsächlich hat sie mit Kunstfasern gearbeitet und hat aber die Rückseite der Kissen fixiert, das weiß ich noch. Ich habe mir die Nadel vor einiger Zeit nach Deutschland gebracht, konnte sie aber nicht mehr benutzen, weil sie total stumpf geworden ist. Fand ich richtig schade! Jetzt freue ich mich natürlich über deinen Post, denn auch ich möchte es ausprobieren. Wo hast du deine Nadel gekauft?
Vielen Dank und liebe Grüße
Monica
JuLa
Liebe Monika,
herzlichen Dank für deine Nachricht, ich finde diese „alten“ Textiltechniken total spannend! Zu deiner Frage: Ich habe die Nadel über dkw-construction.de gekauft, Du bekommst sie aber auch bei thejoyfulpunch.com.
Liebe Grüße und viel Freude beim Ausprobieren
Julia
Hana Mond
Ich finde die Technik cool für reine Deko-Objekte – kann mir aber nicht vorstellen, dass das bei stark beanspruchten Textilien auf Dauer haltbar ist, ohne jegliche Art der Fixierung? Hm …
JuLa
Es gibt einige, die fixieren die Sachen auf der Rückseite mit Latex. Das soll mit der Zeit aber bröselig werden. Und dann gibt es wieder welche, die sagen, man braucht auch bei Teppichen oder Kissen keinerlei Fixierung. Tatsächlich zieht sich das Gewebe noch zusammen, wenn man es vom Spannrahmen nimmt. Das heißt, die Schlaufen werden noch weiter zusammengedrückt. Ich kann mir gut vorstellen, dass das dann bei „normalem“ Gebrauch hält. Katzenkrallen ausgenommen 😉